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Untätigkeitsklage als Mittel zur Beschwerde gegen Behörden

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Untätigkeitsklage als Mittel zur Beschwerde gegen Behörden

In finanziellen Angelegenheiten und wenn es um den Bezug von Sozialleistungen wie Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld geht, kann eine lange Bearbeitungszeit durch Ämter und Behörden eine enorme Belastungsprobe für Antragsteller sein. Das Recht gibt Bürgern die Möglichkeit, Klage zu erheben und Verwaltungsakte mit Hilfe des Gerichtes zu beschleunigen. Um endlich eine Lösung durch die Behörde herbeizuführen, kann eine Untätigkeitsklage das probate Mittel sein. Die Untätigkeitsklage vor dem Sozialgericht ist nach Ablauf von drei Monaten möglich.

Was ist eine Untätigkeitsklage?

Jede Behörde ist verpflichtet, über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes – wie Entscheide zu Anträgen, einem Einspruch oder einem Widerspruch- innerhalb einer angemessenen Frist zu bescheiden. Zu derartigen Verwaltungsakten zählen beispielsweise die Bewilligung von Geldleistungen, die Zusage über die Übernahme von Leistungen für eine medizinische Rehabilitation oder die Bearbeitung eines Widerspruchs gegen Kürzungen des Hartz IV-Satzes.

Ein Bescheid durch das Amt hat sachlich zu erfolgen, was bedeutet, dass der Bescheid begründet sein muss und darin stets eine Rechtsgrundlage genannt werden sollte, auf deren Grundlage er ergeht.

Wurde ein Antrag, Widerspruch oder ein Einwand rechtzeitig formuliert und eingereicht, darüber aber nicht innerhalb der Frist entschieden, ist die Untätigkeitsbeschwerde vor Gericht ein mögliches Mittel, um die Behörde zur Bearbeitung des Anliegens zu zwingen.

Was genau ist ein Bescheid?

Die Akte der Verwaltung unterliegen formellen Voraussetzungen. Gibt es Formfehler, macht das einen Verwaltungsakt anfechtbar, auch, wenn er im Nachhinein formell bestätigt werden sollte.

Obgleich es theoretisch auch mündliche Verwaltungsakte gibt, muss auch ein solcher mündlicher Verwaltungsakt auf Wunsch verschriftlicht werden.

  • Ein schriftlicher Verwaltungsakt muss nach § 41 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zudem bekannt gegeben werden, damit er wirksam wird. Dazu wählt die Behörde in der Regel den Postweg, mitunter sogar das postalische Einschreiben Für die Dauer der Bekanntgebung wird unterstellt, dass versendete Post spätestens am dritten Tag nach Aufgabe zugestellt wird. Im Zweifel ist die Behörde in der Nachweispflicht und versendet Behördenentscheidungen aus diesem Grund mit einer Postzustellungsurkunde.
  • Ergeht kein Bescheid wie oben beschrieben und die eine Behörde oder Institution kommt dem Recht des Bürgers auf einen Bescheid innerhalb einer angemessenen Frist nicht nach, kann sie durch eine Untätigkeitsbeschwerde gerichtlich gezwungen werden, bis zu einem vom Gericht festgesetzten Termin über die betreffende Angelegenheit zu entscheiden.
  • Insbesondere darf eine Behörde die Bearbeitung eines Antrags nicht einfach mit der Begründung verzögern, das Amt sei personell unterbesetzt. Auch die einfache, unbegründete Weigerung, einen Bescheid zu erlassen, stellt juristisch keinen Bescheid dar.
  • Ebenso genügt eine vorläufige Entscheidung oder ein nicht abschließender Zwischenbescheid den juristischen Anforderungen an einen Bescheid. Auch bei Vorlage eines Zwischenbescheids kann also eine Untätigkeitsbeschwerde getätigt werden.

Gegen wen kann Untätigkeitsklage erhoben werden?

Untätigkeitsbeschwerden können sich sowohl gegen staatliche als auch private Institutionen richten. So können Untätigkeitsbeschwerden beispielsweise gegen

  • Ämter (Sozial- oder Ordnungsamt, Finanzamt)
  • die Agentur für Arbeit (Jobcenter)
  • Behörden (Rentenanstalt, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge)
  • Gerichte
  • Krankenkassen

erhoben werden.

Neben einer Untätigkeitsklage vor dem Sozialgericht oder Finanzgericht ist es auch möglich gegen in Deutschland ansässige Firmen wegen Untätigkeit Klage zu erheben. Insbesondere haben Bürger das Recht, dass Dienste, die dem öffentlichen Recht zugehören, einen öffentlichen Zweck erfüllen und für die Allgemeinheit tätig sind, in angemessener Zeit erledigt werden.

Untätigkeitsklagen sind damit auch gegen Firmen wie

  • Telekommunikationsunternehmen
  • Strom- und Gasanbieter
  • Versorgungswerke
  • Unternehmen des ÖPNV
  • Autohersteller

möglich.

Ab wann ist eine Untätigkeitsklage möglich?

Die Klage wegen Untätigkeit kann nach dem Sozialgerichtsgesetz (SGG) § 88 Abs. 1 nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach Antrag auf Bearbeitung des Verwaltungsaktes eingereicht werden. Wird sie vor Ablauf dieser Frist eingereicht, wird sie als unzulässig abgewiesen. (§ 88 Abs.1 SGG). Eine Untätigkeitsbeschwerde, weil ein eingereichter Widerspruch noch nicht bearbeitet wurde, ist frühestens nach Ablauf von drei Monaten nach Einlegung des Widerspruchs möglich. (§ 88 Abs. 2).

Für die Untätigkeitsklage vor dem Sozialgericht gilt seit dem 02.01.2002 eine Frist von 3 Monaten, unabhängig davon, ob es sich um Verzögerungen bei der Bearbeitung eines Widerspruchs oder eines Erstantrag handelt.

Nur in Ausnahmefällen, beispielsweise wenn die finanzielle Existenz eines Antragstellers gefährdet ist, kann noch vor Ablauf von drei Monaten eine Entscheidung durch den Beschluss eines Gerichts erwirkt werden. Ob ein Ausnahmevorfall vorliegt, entscheidet das Gericht im Einzelfall. Eine Ausnahme ist beispielsweise gegeben, wenn eine Behörde den Erlass eines Verwaltungsaktes abgelehnt hat. Läuft die Frist während des Verfahrens ab, wird das Gericht mit der Urteilsfindung warten, die eingereichte Untätigkeitsklage aber nicht zurückweisen.

Voraussetzungen für eine Untätigkeitsklage

Eine Untätigkeitsbeschwerde ist nur dann möglich, wenn der Kläger seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist und der Behörde alle notwendigen Unterlagen vorlagen, um einen Bescheid zu erstellen. So beginnt auch die Frist für das Klageverfahren erst mit dem Tag, an dem der Behörde alle erforderlichen Formulare, Dokumente und Nachweise zur Bearbeitung eines Antrags oder eines Widerspruchs zu einem Bescheid vorlagen. Klage erheben kann nur, wer die deutsche Staatsbürgerschaft oder einen legalen Aufenthaltsstatus oder Duldungserlass besitzt. Die Begründung, dass durch die Verzögerung dem Kläger Beschwernisse entstanden sind, ist ausreichend, um die Untätigkeitsbeschwerde einzureichen. Der Kläger ist nicht verpflichtet darüber Nachweise zu erbringen, um Klage zu erheben.

Vorab schriftlich der Behörde letzte Frist setzen – erst dann Klage erheben

Bevor Untätigkeitsklage erhoben wird, ist es sinnvoll, der Behörde schriftlich eine letzte Frist zu setzen, ihre Entscheidung über den Antrag oder den Widerruf zu treffen, damit ein Rechtsstreit noch vermieden werden kann. Damit wird der Behörde zugleich angekündigt, dass nach Ablauf der gesetzten Frist vor Gericht Klage erhoben wird. Reagiert die Behörde dennoch nicht, wird die Untätigkeitsklage eingereicht.

Das Klageverfahren – Ablauf in 4 Schritten

1. Die Untätigkeitsklage wird beim zuständigen Gericht eingereicht.

Dazu werden datierte Nachweise eingereicht, die den Verlauf des Verfahrens vollständig und zusammenhängend bis zum Zeitpunkt des Einreichens der Klage dokumentieren.

Aus den Unterlagen muss hervorgehen, dass der beklagten Behörde zum Erlass des Bescheids alle notwendigen Dokumente vorliegen.

Es ist das Gericht anzurufen, in dem die beklagte Behörde ihren Sitz hat.

Ist dies nicht der Fall, wird das Gericht sich für nicht zuständig erklären und die Klage abweisen. Der Kläger wird dann an den eigentlich zuständigen Ort der Gerichtsbarkeit verwiesen.

In der Regel wird über eine Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht entschieden. Sozialrechtliche Angelegenheiten werden aber am Sozialgericht verhandelt. Geht es um eine Untätigkeit in einer Steuerangelegenheit, ist die Klage beim Finanzgericht einzureichen.

2. Das Gericht prüft die Zulässigkeit der Klage und informiert den Kläger über seine Entscheidung.

Die Vollständigkeit der Unterlagen ist bei der Prüfung der Zulassung der Klage ein entscheidendes Kriterium. Fehlen Unterlagen, kann das Gericht die Klage abweisen. Stellt das Gericht fest, dass der beklagten Behörde die notwendigen Unterlagen nicht vorlagen, um einen Bescheid zu erlassen, wird es die Klage abweisen. In diesem Fall liegt die Schuld in der fehlenden Mitwirkung des Klägers.

3. Die Klage wird einem Richter vorgelegt.

Der Richter beraumt einen Termin an, bei dem beide Parteien angehört werden. Im Anschluss an die Anhörung setzt der Richter der Behörde eine erneute Frist. Damit setzt er fest, bis wann definitiv ein Erlass vorliegen muss.

4. Der richterliche Beschluss zur Fristsetzung geht dem Kläger und der beklagten Behörde zu.

Wie lange dauert das Gerichtsverfahren bei einer Untätigkeitsklage?

Je nach Menge der zu sichtenden Unterlagen und der Auslastung des einzelnen Gerichts ist davon auszugehen, dass der Gerichtsbeschluss durch den Richter innerhalb von sechs Wochen vorliegt. Aber auch ein Klageverfahren kann dauern und sich in Ausnahmefällen um bis zu vier Monate verzögern.

Entstehen Kosten durch eine Untätigkeitsklage?

Entscheidet der Richter, dass die Klage rechtmäßig erhoben wurde, muss der Beklagte die Kosten für das Verfahren übernehmen. Er trägt in diesem Fall auch alle außergerichtlichen Kosten, die dadurch entstanden sind, dass es zu Verzögerungen beim Erlass des Bescheids gekommen ist. Entscheidet das Gericht, dass die Klage abzuweisen ist, muss der Kläger die Kosten tragen. Wird die Klage noch vor dem Urteilsspruch zurückgezogen, sind die Kosten ebenfalls vom Kläger zu tragen.

Ist eine Untätigkeitsklage immer zu empfehlen?

Eine Untätigkeitsklage sollte immer erst als letztes Mittel eingesetzt werden. Sind die Aussichten auf eine positive Bewilligung eines Bescheids eher gering, sollte von einer Unabhängigkeitsklage Abstand genommen werden. In der Regel haben Behörden und jeder einzelne Sachbearbeiter einen relativ großen Ermessensspielraum bei der Entscheidung über einen Sachverhalt.

Erhöht sich der Druck auf eine Behörde, weil Rechtsmittel eingelegt wurden, kann sich das im Zweifel negativ auswirken und dafür sorgen, dass eine Angelegenheit zu Ungunsten des Antragstellers entschieden wird. Zu beachten ist ferner, dass mit einer Untätigkeitsklage lediglich auf den Zeitpunkt der Entscheidung in der betreffenden Angelegenheit von Gerichts wegen eingewirkt werden kann, nicht aber auf die Entscheidung selbst.

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