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Erziehung: Was ist erlaubt und was nicht?
Vor einigen Jahrzehnten wurden Kinder in der Schule geschlagen. Die Lehrer durften das tun, ohne mit ernsten Konsequenzen rechnen zu müssen. Schläge auf die Finger oder die berühmte Kopfnuss kamen tagtäglich zum Einsatz, wenn sich ein Kind nicht an die strikten Verhaltensregeln halten wollte. In schlimmen Fällen schlug man die Schulkinder sogar, wenn sie den Lernstoff einfach nicht verstanden.
Später kam man zum Schluss, dass die Kids nicht auf diese Weise für Lernschwächen oder schlechtes Verhalten büßen dürfen. Denn in erster Linie sind die Erwachsenen dafür verantwortlich, das Kind zu korrektem Verhalten zu motivieren. Es ist liegt heute ganz bei den Lehrern, ihren Schülern den Lernstoff möglichst gut verständlich zu machen.
Zwar kommt Gewalt durch Lehrer nur noch in Ausnahmefällen vor. Zuhause erfahren jedoch viele Kids körperliche und seelische Gewalt am eigenen Leib.
Sei dir bewusst, dass Erwachsene dich niemals schlagen dürfen, egal welche vermeintlichen Gründe sie dafür vorbringen! Niemand darf dich misshandeln, vernachlässigen oder mobben. Das gilt für andere Kinder ebenso wie für deine Familienmitglieder wie Eltern und Geschwister.
Denn ist dein Recht als Kind, Zuhause möglichst gut behandelt zu werden. Dieses Recht ist sogar in der UN-Kinderrechtskonvention festgelegt.
Darum darf man Kinder nicht schlagen
Platzwunden, blaue Flecke oder gar Knochenbrüche – alles keine Seltenheit für Kids, die regelmäßig gewalttätige Handlungen einstecken müssen. Mitunter landen sie sogar im Krankenhaus, wenn einem Elternteil wieder einmal „die Hand ausgerutscht“ ist.
Kinder, die geschlagen werden, nehmen nicht nur ernsthaften körperlichen Schaden. Auch seelisch sind sie großem Leid ausgesetzt. Die Schläge führen nämlich dazu, dass Kinder das Vertrauen in die Erwachsenenwelt verlieren. So kann es sein, dass sie sich später nichts trauen oder sich ständig ängstigen. Als Erwachsener, der geschlagen wurde, ist es manchmal schwer, sich in der Welt zu behaupten. Denn, wenn man kein Vertrauen in die Welt hat, geht man keine Risiken ein. Wenn man wiederum keine Risiken eingehen kann oder will, ist es sehr schwer, etwas im Leben zu erreichen.
Darum dürfen Kinder und Jugendliche unter keinen Umständen körperlich gezüchtigt oder misshandelt werden.
Dein Weg zu Rat & Tat
Wie immer, wenn du Rat brauchst oder in Not bist, kannst du dich an die kostenfreie Telefonnummer der Telefonseelsorge wenden. Je nach Land gibt es unterschiedliche Krisentelefone, die Kids und Jugendlichen uneingeschränkt zur Verfügung stehen. An folgende Stellen kannst du dich wenden:
- Aus Deutschland: 0800/1110333 (Kinder -und Jugendtelefon der deutschen Telefonseelsorge)
- Aus der Schweiz und Österreich: 147 ohne Vorwahl
In weiterer Folge empfiehlt sich das Gespräch mit einer Vertrauensperson. Erzähle ganz offen, was bei dir daheim passiert und warum du immer wieder blaue Flecke hast. Zögere dabei nicht aus Angst, deine Eltern zu hintergehen. Es ist dein gutes Recht, dir Hilfe zu holen.
Manchmal macht es Sinn, zu einem anderen Mitglied deiner Verwandtschaft zu ziehen, solange du dich Zuhause nicht sicher fühlst. Als Teenager darf man meistens schon selbst über den eigenen Aufenthaltsort bestimmen, ohne die Eltern fragen zu müssen. Normalerweise ist das ab einem Alter von 16 Jahren der Fall. Solltest du jünger als 16 Jahre alt sein und dennoch nicht mehr Zuhause bleiben wollen, wende dich sicherheitshalber an eine Familienberatungsstelle.
Solltest du von einem Lehrer geschlagen werden, dann sprich bitte unbedingt mit deinen Eltern darüber. Weil auch für den Rest der Klasse die Gefahr körperlicher Misshandlung besteht, muss man gegen solche Lehrer vorgehen. Am besten, deine Eltern sprechen erst einmal persönlich mit dem Lehrer. Eine Meldung beim Rektorat oder der Schulbehörde ist unabdingbar. Es empfiehlt sich allerdings, mit dem betreffenden Lehrer vorher darüber zu sprechen. So lassen sich gegebenenfalls Missverständnisse aus dem Weg räumen, ehe man weitere Schritte setzt.
Gemeinsam mit deiner Vertrauensperson kannst du zu so einer Beratungsstelle oder einem Krisenzentrum gehen. Das fachkundige Personal dieser Stellen kann dir vor Ort mehr über deine Möglichkeiten und Rechte mitteilen. Gemeinsam arbeitet ihr an einer Lösung für dein Problem.
Wenn du dich an eine der genannten Stellen wendest, tritt mitunter die Jugendwohlfahrt auf den Plan. Ein Sozialarbeiter wird sich deinen Fall ganz genau ansehen und eventuell bei euch Zuhause vorbei kommen, um deine Wohnverhältnisse zu überprüfen. Dann wird entschieden, wie es weiter gehen kann.
In schlimmen Fällen und Notfällen gibt es sofortige Krisenunterbringungen. In einem eigenen Zimmer oder auf einem Notbett kannst du erst einmal durchschnaufen, ohne Schläge befürchten zu müssen. Die Betreuer vor Ort erklären dir dann, was als nächstes passieren wird.
Die Aufgaben der Jugendwohlfahrt
Die Jugendwohlfahrt überprüft deine Wohnverhältnisse. Darüber hinaus bezahlt die Jugendwohlfahrt eine Unterbringung für dich, wenn es bei deinen Eltern zu gefährlich für dich ist. Ein dir zugeteilter Sozialarbeiter sieht sich dann nach einer dauerhaften Unterbringung um oder versucht gemeinsam mit dir und deiner Familie, Streitigkeiten zu klären und Kompromisse zu finden. Sollten die Eltern ihren Fehler eingestehen und bereit für eine Veränderung sein, kann der Sozialarbeiter entscheiden, dass du probehalber wieder nach Hause darfst, solange alles gut läuft.
Sollten dich deine Eltern dann wieder schlagen, kannst du dich sofort an deinen Sozialarbeiter wenden und wirst neuerlich eine Krisenunterbringung bekommen. Dann kann es sein, dass es zu einer dauerhaften Unterbringung (Wohngemeinschaft, Kinderwohnheim, betreutes Wohnen) kommt.
Arbeitsblatt zum Text
1) Ist es heute noch erlaubt, körperliche Gewalt als Erziehungsmethode einzusetzen? Dürfen Lehrer oder Eltern dich schlagen, wenn du schlimm warst? Begründe deine Antwort.
2) Was kannst du tun, wenn du von deinen Eltern geschlagen wirst?
3) Was solltest du unbedingt tun, wenn dein Lehrer körperliche Gewalt gegen dich oder andere Mitschüler verwendet?
Foto: ia_64 / bigstockphoto.com