Die ersten Stunden nach der Geburt.
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Was passiert nach der Geburt im Kreißsaal?
Wie überwältigend ist für die frisch gebackene Mutter der Moment, wenn sie ihr Baby endlich in Empfang nehmen kann. Noch im Kreißsaal dürfen die beiden erste Kontakte knüpfen. Vom ersten Stillen bis zum Gesundheitscheck – für das Neugeborene stehen im Kreißsaal darüber hinaus noch weitere Punkte auf dem Programm.
Nachdem das Baby den warmen, schützenden Körper seiner Mutter verlassen hat, muss es sich an die Gegebenheiten außerhalb der Gebärmutter zunächst gewöhnen. Immerhin wird es plötzlich mit Schwerkraft, Licht, Kälte, Hunger und Durst konfrontiert. Sein Blutkreislauf muss sich in Sekunden umstellen und selbständig funktionieren, sodass es das erste Mal selbst Luft holen kann. Damit sich die Lungenbläschen richtig entfalten, sind ein paar kräftige Atemzüge nötig.
Eine innige Verbindung
Noch vor oder direkt nach dem Abnabeln legt die Hebamme der Mutter ihr Baby auf die Brust. Mit einem zuvor angewärmten Tuch bedeckt fühlt sich das Baby hier wohlig und geborgen, kann den vertrauten Herzschlag seiner Mutter hören und ihre Wärme spüren. Jetzt begegnen sich die beiden zum ersten Mal! Für die Eltern ist das ein überwältigendes Erlebnis, und die Frau hat die Anstrengungen und Schmerzen der Geburt schnell vergessen. Gemeinsam können Mutter und Kind ausruhen und das Geburtserlebnis verarbeiten. Dieses so genannte Bonding, das sich mit „Kontaktaufnahme zu den Eltern“ übersetzen lässt, bezeichnet den Beginn der innigen Eltern-Kind-Beziehung.
Das Abnabeln
Sobald die Nabelschnur zwischen Mutter und Kind auspulsiert ist, wird sie mit einer sterilen Nabelklemme abgeklemmt und durchtrennt. Wenn er mag, darf der Vater dafür selbst die Schere in die Hand nehmen. Beim Abnabeln entnimmt die Hebamme einige Tropfen Blut aus der Schnur und misst deren PH-Wert. Er informiert darüber, wie gut das Kind kurz vor der Geburt mit Sauerstoff versorgt war. Sollte sie daran eine Sauerstoffunterversorgung vor und während der Geburt feststellen, muss das Kind möglicherweise spezielle Medikamente bekommen, um das Defizit auszugleichen.
Der Gesundheits-Check
Mit einem geschulten Blick überprüfen Arzt oder Hebamme kurz nach der Geburt den allgemeinen Gesundheitszustand des Babys: der so genannte APGAR-Test, benannt nach seiner Erfinderin Virginia Apgar (1952). Insgesamt dreimal – in der ersten, der fünften und der zehnten Lebensminute – vergeben sie Punkte für die Atmung des Säuglings, den Herzschlag, seine Muskel- und Bewegungsfunktionen, die Reflexe und seine Hautfarbe. Für jeden dieser Faktoren erhält das Kind 0, 1 oder 2 Punkte. Die Werte werden dann zusammengezählt und in dem gelben Vorsorge-Untersuchungsheft notiert. Ein Wert von 7 und mehr nach einer Minute sowie 9 oder 10 nach fünf und zehn Minuten sprechen dafür, dass es dem Baby gut geht.
Nach dem ersten Kennenlernen der jungen Familie nimmt die Hebamme das Kind noch einmal gründlich unter die Lupe. In der als U1 bekannten ersten Früherkennungs-Untersuchung prüft sie, ob Gesichtsmerkmale und Körperproportionen normal sind, kontrolliert die Schädelnähte am Kopf, tastet Brust, Bauch und Wirbelsäule ab, zählt Finger und Zehen und schaut die Geschlechtsorgane und den Darmausgang an. Sie misst den Schädelumfang, testet die Greifreflexe und zählt die Blutgefäße an der Nabelschnur. Jetzt bekommt das Baby auch sein Namenschildchen um ein Handgelenk gelegt, damit es nicht verwechselt werden kann. Anschließend wird es gemessen, gewogen und seine Nabelschnur auf die passende Länge gekürzt. Größe und Gewicht trägt die Hebamme in den Babypass ein. Beim Baden und Anziehen darf der Vater mithelfen – eine gute Gelegenheit für die beiden, sich kennen zu lernen. Wenn Mutter und Kind gut versorgt sind, bleiben sie noch ein bis zwei Stunden zur Beobachtung im Kreißsaal. In den meisten Kliniken lässt man die frisch gebackenen Eltern dabei ungestört, damit sie die neue Situation als Familie genießen können.
Die ersten Tropfen
Die meisten Neugeborenen können bereits in den ersten Stunden an die Brust angelegt werden. Wie es richtig liegt und am besten trinken kann zeigt die Hebamme der Frau bereits im Kreißsaal. Für die mütterliche Brust ist das der beste Reiz, um die Milchbildung in Gang zu setzen. Die ersten Tropfen „Vormilch“, die der Säugling erhält, haben eine ganz besondere Zusammensetzung: Das so genannte Kolostrum enthält mehr Wasser, Vitamine und Mineralien, aber viel weniger Fett als die folgende Muttermilch. Zudem sind darin verschiedene Eiweiße gelöst, die Immoglobine. Diese mütterlichen Abwehrstoffe schützen das Baby in den ersten Tagen effektiv vor Krankheiten; sein eigenes Immunsystem muss sich erst noch entwickeln.
Rooming-in
In vielen Krankenhäusern wohnen Mutter und Baby Tag und Nacht gemeinsam in einem Zimmer: das so genannte Rooming-in. Möglich ist auch, dass das Neugeborene nur tagsüber bei seiner Mutter bleibt und nachts auf die Säuglingsstation kommt, damit die Frau durchschlafen kann. Durch das Rooming-in können sich die beiden in aller Ruhe kennen lernen und dadurch früh eine feste Bindung aufbauen. Unter Anleitung der Schwestern lernt die Mutter dabei alles, was sie über die Pflege ihres Schützlings wissen muss. Oft klappt es auch mit dem Stillen besser, wenn die beiden anfangs viel Zeit verbringen.