So individuell, wie Dein Kind entstanden ist, kommt es auch zur Welt. Jede Geburt verläuft anders und aus keiner lassen sich Vorhersagen für nachfolgende Entbindungen ableiten. Von daher gibt es auch keine besseren oder schlechteren Geburtspositionen.
Ein paar Empfehlungen aber können wir trotzdem aussprechen – denn jede Lage, in die Du Dich begibst, hat ihre Vor- und Nachteile.
Inhaltsverzeichnis
Liegend, hockend oder im Vierfüßlerstand: Geburtspositionen im Wandel der Zeit
Ob Gemälde, Zeichnungen oder Spielfilme: Wird eine Frau beim Gebären gezeigt, liegt sie meist auf dem Rücken. Interessant daran ist, dass die meisten dieser Darstellungen jüngerer Natur sind. Auf älteren Abbildungen, etwa ägyptischer Grabmalskunst oder antiker Vasenmalerei, bringen Schwangere ihre Kinder hockend oder im Vierfüßlerstand zur Welt.
Auch in Europa war es bis zur frühen Neuzeit üblich, sitzende oder kauernde Geburtspositionen einzunehmen. Die eigens dafür konzipierten Stühle gewährleisteten Frauen eine bequeme, aufrechte Haltung und nutzten das natürlichste geburtsunterstützende Mittel der Welt: die Schwerkraft.
Bei Naturvölkern sind aufrechte Geburtspositionen bis heute verbreitet. Auch Vierfüßlerstand oder Wassergeburt werden hier häufiger praktiziert. Einzig und allein in den hochentwickelten Industrieländern bringen Frauen ihre Kinder liegend zur Welt. Der Anteil an Schwangeren, die zur Geburt in Rückenlage gehen, beträgt annähernd 90 Prozent.
Entbindung im Liegen: Ein moderner Klassiker
Auf die leichte Schulter nehmen es die Gebärenden damit nicht: Ärzte haben nachgewiesen, dass die modernste aller Geburtspositionen zugleich die anstrengendste ist:
Das Gewicht des Kindes, des Fruchtwassers und der Plazenta drücken auf die großen Venen im Rücken. Dadurch werden der Blutfluss und die Sauerstoffversorgung gestört. Das verzögert nicht nur den Geburtsvorgang, sondern erhöht auch das Schmerzempfinden.
Die ohnehin schwierige Passage über Steißbein und Becken wird Deinem Baby in Rückenlage zusätzlich erschwert – denn horizontale Geburtspositionen verlangen von ihm, sich gegen die Schwerkraft nach oben zu schieben.
Doch natürlich hat die bekannteste aller Geburtspositionen auch Vorteile:
Babys, die es sehr eilig haben, werden durch die Rückenlage ihrer Mutter ein wenig „ausgebremst“. Das mindert die Heftigkeit der Wehen und kann dazu beitragen, einen Dammschnitt zu verhindern.
Sollte eine PDA oder gar ein Kaiserschnitt notwendig werden, bist Du durch liegende Geburtspositionen perfekt vorbereitet, denn diese Eingriffe finden immer in horizontaler Lagerung statt.
Nicht zuletzt spart diese Haltung Kraft, denn Du musst weder Dein eigenes noch das zusätzliche Gewicht Deines Baby-Bauches „stemmen“.
Seitlich, auf den Knien oder im Wasser – individuell geeignete Alternativen
Doch auch andere Geburtspositionen sind geeignet, um mit Deinen Kräften zu haushalten. Gerade, wenn Du Dein erstes Kind erwartest, kann sich der Prozess des Zur-Welt-Bringens eine ganze Weile hinziehen.
Entspannung in der Seitenlage
Dann bist Du vielleicht doch froh, liegen zu können – und zwar auf der Seite. Auch bei dieser Positionierung muss Dein Baby gegen die Schwerkraft arbeiten, doch es übt keinen Druck auf die großen Rücken-Blutbahnen aus.
Durch seitliche Lagerung kannst Du in den Wehenpausen gut ausruhen und entspannen. Darüber hinaus sind seitliche Geburtspositionen gut für eine PDA und einen Wechsel in den Vierfüßlerstand geeignet.
Entlastung im Vierfüßlerstand
Er kann die horizontalen Gebärlagen variieren oder allein zur Anwendung kommen. Viele Frauen finden in dieser Stellung die beste Entlastung von Rückenschmerzen – vor allem, weil der Vierfüßlerstand eine der besten Geburtspositionen wunderbare für entspannende Massagen ist.
Darüber hinaus erlaubt er Dir, die Wehen durch gezielte Atmung erträglicher zu machen. Den Vierfüßlerstand kannst Du sowohl auf dem Boden als auch im Bett oder in der Badewanne einnehmen.
Wassergeburten
Womit wir zur vorgeblich sanftesten Art kommen, ein Kind zu gebären: Die Wassergeburt erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Sie bietet Dir maximale Entspannung und erlaubt Dir zahlreiche Bewegungen.
Unter dem Einfluss des warmen Wassers öffnet sich der Muttermund deutlich schneller als „auf dem Trockenen“ und die Wehen wirken weniger schmerzhaft als in anderen liegenden Geburtspositionen.
Auch für Dein Kleines ist eine Wassergeburt viel angenehmer – denn schließlich ist das Nasse sein Element. Nachdem es rund 9 Monate in der schützenden Gebärmutter verbracht hat, fällt ihm das eigenständige Leben durch eine Wassergeburt viel leichter.
Ganz unbeschwert aber funktioniert das Gebären in der warmen Wanne nicht. Zum einen bedarf es natürlich fachkundiger Unterstützung; zum anderen ist es nicht für alle Mutter-Kind-Gespanne geeignet. Problematische Geburtspositionen des Babys oder Mehrlings-Schwangerschaften schließen die Wahl der Wassergeburt aus.
Auch der Wellness-Faktor spielt eine Rolle. Wenn Du Dich im Wannenbad unwohl fühlst oder Du sonstige Bedenken bei der Wassergeburt hast, wirst Du ihre Vorteile nicht genießen können.
Die Entbindung mittels Schwerkraft
Allerdings verfügen längst nicht alle Entbindungsstationen oder Geburtshäuser über eine spezielle Wanne für die Wassergeburt. Auch, wenn Du zu Hause entbinden möchtest, ist diese Art der Niederkunft meist ausgeschlossen.
Dann kannst Du eine der nachfolgend genannten Geburtspositionen ausprobieren. Sie orientieren sich am natürlichen Vorbild zu entbinden, dem Nutzen der Schwerkraft. Durch das simple Aufrichten Deines Körpers kann sich der Geburtsvorgang um etliche Stunden verkürzen, denn dabei streckt und erweitert sich der Geburtskanal ganz automatisch. Außerdem kannst Du die Abwärtsbewegung Deines Babys durch Becken- und Hüftkreisen unterstützen.
Stehend
Diese Haltung ist eine der besten Geburtspositionen, um Dein Baby „auf den rechten Weg“ zu bringen. Die Wehen sind besonders effektiv und schieben das Kleine unaufhaltsam Richtung Ausgang. Von außen wirkt die mehrfach erwähnte Schwerkraft und tut das ihre, die Geburt auf ihren Höhepunkt zuzutreiben.
Wir wollen Dir jedoch nicht verschweigen, dass im Stehen zu gebären ein körperlich anstrengender Akt ist. Deine Beine müssen unter erschwerten Bedingungen das ganze Gewicht Eurer beiden Körper tragen und können darüber ganz schön ins Wackeln geraten.
Zum Glück lässt sich einfaches Stehen in zahlreiche Geburtspositionen auffächern: Du kannst Dich:
- Aufrecht an die Wand lehnen,
- In ein herabhängendes Seil oder Tuch hängen,
- An einem Möbelstück abstützen und / oder
- Von Deinem Partner gehalten werden.
Zudem kannst Du aus der stehenden Position heraus viele Bewegungen ausführen und zum Beispiel umhergehen oder in eine der anderen Geburtspositionen wechseln.
Hockend
Elegant ist was anderes; aber darauf kommt es beim Entbinden ja auch nicht an. Im Hocken zu gebären erinnert ein wenig ans Eierlegen und mag putzig aussehen – doch es ist die nachweislich älteste und effektivste Geburtshaltung überhaupt.
Wenn Du in die Knie gehst und die Beine weit auseinander spreizt, vergrößert sich Deine Beckenöffnung. Dadurch hat Dein Baby mehr Platz und gleitet leichter durch die kritische Steißbein-Becken-Passage. Wie bei allen aufrechten Geburtspositionen hilft die Schwerkraft im Hocken kräftig mit – was sich vor allem beim Pressen bemerkbar macht.
Eine weitere Gemeinsamkeit ist die körperliche Beanspruchung: Die Kniebeug-Haltung ist auf Dauer ziemlich anstrengend! Du brauchst einen kräftigen Partner und / oder eine taffe Hebamme, die Dich beim Kauern abstützen. Darüber hinaus dauert es eine Weile, Dich aus der Hocke heraus in andere Geburtspositionen zu hieven oder in den Vierfüßlerstand zu gehen.
Sitzend
Diese Haltung ist die schonendste der aufrechten Geburtspositionen. Sie bietet Dir viele Gestaltungsmöglichkeiten und nutzt die Schwerkraft zu Gunsten eines verkürzten Entbindens.
Nimmst Du auf einem Stuhl Platz, solltest Du Dich grätschbeinig Richtung Lehne setzen; das weitet die Beckenöffnung ähnlich wie beim Hocken. Ein Gymnastikball erlaubt starke Bewegungen des Unterleibs; ist aber eine buchstäblich wacklige Angelegenheit. Hier sind stützende Helfer/-innen von Vorteil.
Weitere Varianten, im Sitzen zu entbinden, sind der traditionelle Geburtsstuhl und das Romarad. Sie besitzen eine Auflagefläche für den Rücken, eine halboffene Sitzschale und Beinstützen bzw. Fußschlaufen.
Die Geburtspositionen, die Du auf diesen Hilfsmitteln einnimmst, wirken etwas hilflos. Nach ihrem medizinischen Ursprung wird die grätschbeinige Halblehn-Position als Steinschnittlage bezeichnet.
Vorteil der „Käfer auf dem Rücken“-Position ist eine maximale Bewegungsfreiheit des Beckens und das entspannende Gefühl der Schwerelosigkeit. Zudem soll die Steinschnittlage das Risiko einer deutlich reduzieren.
Dein Körper und Du – ein unschlagbares Entbindungs-Team
Und welche der vorgestellten Geburtspositionen ist nun die beste? Diese Frage können wir Dir ganz klar beantworten: Keine! Wie schon zu Beginn erwähnt, gibt es keine ideale Entbindungs-Haltung.
Jede Geburt stellt ihre eigenen Ansprüche an den Körper. Verlass Dich auf Dein Gefühl und probiere verschiedene Geburtspositionen aus. Im „Praxistest“ merkst Du am besten, was Dir gut tut und ob es die Ankunft Deines Babys vorantreibt.
Darüber hinaus sendet Dir Dein Körper ununterbrochen Signale und macht auf diese Weise deutlich, was er will. Er schafft sehr viel mehr als Du glaubst und ist zu wahren Meisterleistungen fähig. Ein Kind zur Welt zu bringen ist eine davon. Sie wird Dich stolz machen und bildet einen wichtigen Übergang vom Schwanger- zum Muttersein.
Viel wichtiger als in Frage kommende Geburtspositionen ist, dass Du Dich für die Erfahrung der Entbindung öffnest. Du kannst die sie nicht vorausplanen wie die Einrichtung des Kinderzimmers oder die Wahl des Vornamens.
Bei der Geburt spielen so viele Faktoren eine Rolle, dass Du sie unmöglich alle berücksichtigen kannst. Die Wassergeburt, der Vierfüßlerstand bzw. eine Entbindung in Rücken-, Seiten- oder Steinschnittlage sind lediglich Varianten, die Du bei einer einmaligen Inszenierung ohne vorherige Generalprobe austesten kannst.